Ich handele mir zwar immer regelmäßig böse Kommentare von Tesla-Fahrern ein, wenn ich die so hoch gelobte Software ihrer Autos kritisiere, aber ich bin der Meinung, dass die Zeit des Hypes für Tesla vorbei ist und wir uns nun wieder auf die Fakten konzentrieren können.
Bevor ich zu Tesla komme, zur Software vom EV6.
Diese hat, wie jede Software ihre Schwächen und ich kann die Ausführungen zum SFA (Spurfolgeassistent) und iPedal komplett nachvollziehen und möchte sie noch um einige Punkte ergänzen.
Der SFA greift zum Glück nicht so stark in die Lenkung ein und lässt sich leichter überschreiben durch Fahrmanöver als der Autopilot bei Tesla. Er ist im Prinzip ein verbesserte Spurverlassenswarner. Die Lenkung über nimmt der SLA (Spurlenkassistent) den man zusätzlich aktivieren muss. Beide zusammen werden dann auf Autobahnen um die Funktionen des HDA Autobahnfahrassistenten ergänzt bei dem z.B. auch andere Reaktionszeiten bei Stopps für die Freigabe der Weiterfahrt gelten als im Stadtverkehr.
Ich habe am Anfang den SFA immer aktiviert, mittlerweile ist er mir egal, da er eh nur bei über 50km/h aktiv ist und leicht überschrieben werden kann, was auch bitter auf Landstraßen ohne Mittelstrich erforderlich ist.
Was die Teslafahrer beim Thema Rekuperation vergessen zu erwähnen, ist die schwache Auslegung derselben. Ich glaube über 80kW Verzögerungsleistung gibt es in keinem Modell und auch beim Tritt auf die Bremse wird nicht rekuperiert sondern nur mechanisch gebremst. Das man seit einiger Zeit bis auf den Stand abbremsen kann hat auch Jahre gedauert bis es eingeführt wurde.
Die Programmierung beim iPedal hat wirklich handwerkliche Mängel. Warum bitte muss ich nach Einlegen des Rückwartsganges während einer Fahrt wieder iPedal aktivieren?
Es ist schon nervig genug, dass ich das für jede Fahrt neu machen muss aber während der Fahrt ist das unnötig und gefährlich.
Ich persönlich fahre z.B. nur bei längeren Stadtfahrten mit iPedal ansonsten immer in Rekustufe 3 und bremse mit dem Pedal bis zum Stand ab. Das bekommt man mit etwas Übung auch aus Autobahntempo hin.
Was ich auch noch völlig unglücklich finde, dass das Benutzerprofil nicht mit dem Schlüssel verbunden werden kann und die Umstellung zwischen den Profilen so lange dauert.
Schließlich sollte das Auto die eingestellten Profile kennen und schnell zwischen ihnen umschalten können.
Zum Glück habe ich einen mechanischen Sitz, den ich während ich mich auf ihn sitze mit einem Handgriff in die korrekte Position verstellen kann. Immer darauf warten zu müssen, dass nach dem Druck auf den Knopf in der Tür der Sitz nach hinten fährt damit ich mich auf ihn setzen kann, bleibt mir erspart.
Als schweren Sicherheitsmangel schätze ich ein, dass Kia zwar auf die Gefahren der Fahrt mit seinem Auto hinweist wenn man unaufmerksam ist, aber keine Info über teils drastische Reduzierung der Motorleistungen gibt, z.B. wenn die Batterie zu kalt ist oder nach einer typischen Ladung von 10-80% im Sommer in den Überhitzungsmodus geht und nur noch 15kW anstatt von 250+kW zur Verfügung stellt. Bei fast jedem E-Auto, selbst beim BMW i3 aus 2013, wird die verfügbare Motorleistung angezeigt oder davor gewarnt, dass nicht die volle Leistung zur Verfügung steht. Kia weiß, dass die Leistung nicht immer zur Verfügung steht, informiert den Fahrer aber nicht darüber.
Nun zur Tesla-Software.
Tesla ist ein amerikanisches Unternehmen. Die Grundeinstellung der Amis ist häufig Fake it untill you make it. Oder frei übersetzt, tu so als ob ... du einen Autopiloten hast ... bis du ihn hast.
Deswegen heißt der Autopilot bei Tesla auch so, während ihn alle anderen Spurfolgeassistent, Lenkassistent und Abstandstempomat nennen.
Damit ihr mich richtig versteht. Ich respektiere Tesla dafür was sie für die E-Mobilität getan haben und wie viel sie mit ihren Autos, mit ihrer Software bisher erreicht haben, doch wir müssen auch auf die Punkte achten, die teils starke Auswirkungen auf die Besitzer eines Teslas haben.
Ich bin von Juni 2017 bis November 2022 ein Tesla Model S75 gefahren und hatte auch durch die Nachrüstung von Hardware (MCU2 Media Controll Unite 2 und Autopilothardware 3) das "Vergnügen" der regelmäßigen Softwareupdates.
Im Durchschnitt hat mein Fahrzeug alle 22 Tage ein Update erhalten, insgesamt 84 Stück, obwohl ich relativ früh von einem häufigen Updaterhythmus auf selten umgestellt habe, da ich von den bugverseuchten Versionen die Nase voll hatte, die teilweise sicherheitsrelevante Fehler hatten oder lästige, wie z.B. dass man plötzlich nicht mehr via CCS laden konnte.
Auch wenn Tesla häufiger Updates macht als Kia und es immer wieder spektakuläre Wendungen gab bei denen es auf Kundenwünsche eingegangen ist, so zieht Elon Musk seine Linie so durch wie es ihm beliebt. Elon führt Tesla auch heute noch wie ein Einzelunternehmen, so dass selbst die Europaleitung erschreckend geringen Entscheidungsspielraum hat.
Ich könnte unzählige Punkte aufzählen bei denen die Software nicht oder erst nach Jahren im Sinne des Kunden geändert worden ist und beschränke mich erst einmal auf die wesentlichen:
Navigation:
Das man Zwischenziele in die Routennavigation einbauen konnte ist erst seit 2022 möglich.
Bis heute kann man bei der Routenplanung nur automatisch mit Superchargern planen, möchte man andere Lader, die zum Glück seit 2020 endlich sichtbar gemacht worden sind, nutzen, muss man sie per Hand an der Route auswählen und selber abschätzen ob man mit der Akkufüllung bis dorthin kommt oder nicht.
Autopilot:
Die Phantombremsungen sind legendär. Mit der Zeit härtet man ab, aber es war immer wieder spektakulär, wie ich aus 150km/h auf der A7 Richtung Nord auf 30km/h abgebremst werden sollte, weil der Autopilot 30km/h als Geschwindigkeitslimit von der über die Autobahn (mit Brücke) kreuzenden Straße erkannt hat auf der eine Baustelle vor einigen Jahren eingerichtet war.
Selbst die Profis, die Autopilottestfahrer waren entsetzt wie viele Phantombremsungen es auf der A7 jahrelang gegeben hat.
Darüberhinaus interessiert sich Tesla häufig nicht für örtliche Gegebenheiten und entwickelt nur für den kalifornischen Straßenverkehr
Einführung der Abbremsungen, wenn man LkWs auf der Autobahn passiert, jedes Mal muss man trotz Tempomat das Abbremsen überschreiben.
Abschaffung des Blinkerwahlhebels. Gerade im Kreisverkehr ist es nahezu unmöglich zu blinken, wenn man ihn verlassen will. Ich hoffe, dass sich das Gerücht nicht bestätigt, dass beim neuen Model 3 der Blinker auch abgeschafft worden ist.
Der entscheidendste Punkt, der bis auf einige hundert Teslafahrer den meisten nicht bekannt ist, dass man als Teslafahrer zwar ein Produkt gekauft hat und rechtlich als Eigentümer gilt, aber keine Kontrolle über teils gravierende Veränderungen an dem Produkt hat. Über Softwareupdate, ohne vorherige Nachfrage und Einholung der Bestätigung beim Kunden, werden wesentliche Eigenschaften, wie z.B. die Dauer der Ladepause (bei meinem Model S75 im Mai 2019 mal kurz durch ein Softwareupdate das die Batterietemperatur berücksichtigt von 40 auf 55 Minuten erhöht) verlängert, die Kapazität der Batterie reduziert und in Kombination aus einem langstreckentauglichen Auto ein Fahrzeug mit einer akzeptablen Reichweite macht, dass dann plötzlich nicht mehr 40min auf 80% für das Laden braucht sondern 90min (wie bei den 85-ziger Batterien).
Klar hat Tesla in den vielen Jahren viele nützliche Verbesserungen durch Softwareupdates vorgenommen aber auf der anderen Seite sind viele Themen nicht angefasst oder auch einige teilweise massiv verschlechtert worden. Tesla hat eine Mission, Elon hat eine Vision und wenn dieser die Kunden im Weg stehen dann werden sie übergebügelt und ignoriert.
Kein Autohändler würde sich trauen, seine Autos so wie Tesla zu übergeben. Ohne Qualitätskontrolle, dreckig, beschädigt und kontaktlos.
Die Servicecenter versuchen im Anschluss meist diese erste, herbe Enttäuschung auszubügeln, aber auch hierbei sind enge Grenzen gesetzt.
Da lobe ich mir den festen Rhythmus von zwei (ausgereifteren) Updates pro Jahr bei Kia, das Wissen, dass ich gefragt und nicht gezwungen werde, ob ich das Softwareupdate installieren will und schaue über die Unzulänglichkeiten hinweg weil es häufig einen Weg gibt, diese zu mildern, sei es den Standmodus zu einem Hundemodus zu frisieren oder einfach den SFA zu ignorieren.